Michael Simon
2004-01-25 17:03:16 UTC
Samstag, 6 Uhr 30. Ein eiskalter Jännermorgen.
Es ist ganz still im Bahnhof Wien-Meidling. Eine E-Lok ÖBB 1116
("Taurus", in Deutschland als DB 182 und in Ungarn als MAV 1047
bekannt) steht brav vor einem Haltesignal, zwanzig elendslange
Autotransporter am Haken, jeder davon mit über einem Dutzend
funkelnagelneuer und quietschbunter Kleinstwagen beladen.
Die superhypermoderne Zweifrequenz-Hochleistungslokomotive mit der
eigenartigen, klobigen Form und der entsetzlichen und einfallslosen
Lackierung brummt ganz leise, scharrt sozusagen mit den Hufen in den
Startlöchern und zügelt ihre Kräfte. Unmittelbar neben dem Bahnsteig,
wo ich aus der Schnellbahn stieg.
Da ich mich in letzter Zeit ein wenig für Betriebsgeräusche von
Lokomotiven interessiere, gebe ich der beeindruckenden Maschine -
trotz Ausharrens in klirrender Kälte - zwei Minuten, um die
Beschleunigungsphase bei guten Umgebungsbedingungen (dumpfe Stille,
idealer Abstand) mitzukriegen.
Schon wechselt das Signal auf "Freie Fahrt", und ich glaube, meinen
Ohren - die ansonsten zu jeder Tages- und Nachtzeit ausgezeichnet
funktionieren - nicht trauen zu können! Das Kraftpaket setzt an, satte
sieben Millionen Watt an elektrischer Energie in Bewegung umzuwandeln.
Ich erwarte irgendein Gebrüll, Aufheulen oder zumindest ein
ordentliches, dem Anlaß entsprechendes Getöse.
Irrtum! Weit gefehlt! Darauf wäre ich nie gekommen:
Etwa zwanzig bis dreißig Sekunden lang ist nämlich nichts Anderes als
eine deutliche, sauber gespielte und auch rhythmisch korrekte Tonfolge
zu vernehmen! Ich verfüge zwar bestimmt über kein absolutes Gehör,
aber ich glaube, es ist eine einfache und reine C-Dur-Tonleiter.
Ich zweifle eine Zeitlang, ob es sich dabei tatsächlich um das
Betriebsgeräusch handelt, ob die einfache Melodie etwa aus einem
Außenlautsprecher kommt, oder ob ich vielleicht doch noch träume.
Hundertprozentig ausschließen kann ich es nicht. Am ehesten ist die
Charakteristik und die Tonhöhe des Sounds noch mit einem vibratofreien
Chello zu vergleichen.
Dann ist der morgendliche Musikus auch schon verschwunden, und die
zahlreichen Achsen der nicht enden wollenden Waggons übertönen alles.
Ich muß zugeben, ich war richtig baff. Das hatte ich nicht erwartet!
Ich stürzte mich auf den nächsten Internet-Computer, da auf dem
Bahnhof kein kompetentes Personal in Reichweite war, und ich mich
außerdem mit einer womöglich ganz dummen Anfrage um diese Uhrzeit
nicht blamieren wollte. Wie eine kurze Recherche ergab, ist
tatsächlich die Frequenz der Drehstrommotor-Ansteuerung für diese Töne
verantwortlich, - die Ingenieure haben die Beschleunigungsstufen
offenbar bewußt so eingestellt.
Ich bin nicht sicher, ob es schon Exemplare für die Modellbahn gibt,
die dieses äußerst verblüffende Ständchen spielen, und ob die
nicht-österreichischen Baureihen ebenfalls so eingestellt sind, aber
ich fürchte, man gerät vor unbedarftem Publikum in Erklärungsnotstand.
Das glaubt einfach keiner! Es klingt so, als ob der Sound-Chip eine
Reihe von Testtönen von sich gibt.
Auch in der zurückliegenden Diskussion in at.verkehr.bahn
"Taurus-Tonleiter" bleibt offen, ob es sich vielleicht um eine urban
Legend handelt oder um eine Tatsache. Nun, ich stelle mich hiermit als
gerichtlich beeideter Ohrenzeuge zur Verfügung: Es stimmt! Diese Lok
spielt eine einwandfreie Dur-Tonleiter als Betriebsgeräusch beim
Beschleunigen, wenn mich nicht alle Sinne täuschen sollten!
So eine Art Kleine Morgenmusik zum Einsingen. Dem Sound-Chip für die
Modellbahn gehört also unbedingt ein Video mit einwandfreiem
Stereo-Track als Beweis beigelegt.
Halbwegs erträglich wäre das "Licht ins Dunkel"-Exemplar - aber bitte
unbedingt ohne diese grausige und wenig dezente Schrift-Beschmierung!
Sonst geht noch die ungarische am ehesten. Schönheit ist sie ja keine,
aber die Sound-Performance ist bestimmt ziemlich einzigartig.
Wenn Ihr mal Gelegenheit habt, laßt Euch das jedenfalls nicht
entgehen! Ich bin immer noch nicht fertig mit Staunen.
Followup-To: de.rec.modelle.bahn gesetzt.
Es ist ganz still im Bahnhof Wien-Meidling. Eine E-Lok ÖBB 1116
("Taurus", in Deutschland als DB 182 und in Ungarn als MAV 1047
bekannt) steht brav vor einem Haltesignal, zwanzig elendslange
Autotransporter am Haken, jeder davon mit über einem Dutzend
funkelnagelneuer und quietschbunter Kleinstwagen beladen.
Die superhypermoderne Zweifrequenz-Hochleistungslokomotive mit der
eigenartigen, klobigen Form und der entsetzlichen und einfallslosen
Lackierung brummt ganz leise, scharrt sozusagen mit den Hufen in den
Startlöchern und zügelt ihre Kräfte. Unmittelbar neben dem Bahnsteig,
wo ich aus der Schnellbahn stieg.
Da ich mich in letzter Zeit ein wenig für Betriebsgeräusche von
Lokomotiven interessiere, gebe ich der beeindruckenden Maschine -
trotz Ausharrens in klirrender Kälte - zwei Minuten, um die
Beschleunigungsphase bei guten Umgebungsbedingungen (dumpfe Stille,
idealer Abstand) mitzukriegen.
Schon wechselt das Signal auf "Freie Fahrt", und ich glaube, meinen
Ohren - die ansonsten zu jeder Tages- und Nachtzeit ausgezeichnet
funktionieren - nicht trauen zu können! Das Kraftpaket setzt an, satte
sieben Millionen Watt an elektrischer Energie in Bewegung umzuwandeln.
Ich erwarte irgendein Gebrüll, Aufheulen oder zumindest ein
ordentliches, dem Anlaß entsprechendes Getöse.
Irrtum! Weit gefehlt! Darauf wäre ich nie gekommen:
Etwa zwanzig bis dreißig Sekunden lang ist nämlich nichts Anderes als
eine deutliche, sauber gespielte und auch rhythmisch korrekte Tonfolge
zu vernehmen! Ich verfüge zwar bestimmt über kein absolutes Gehör,
aber ich glaube, es ist eine einfache und reine C-Dur-Tonleiter.
Ich zweifle eine Zeitlang, ob es sich dabei tatsächlich um das
Betriebsgeräusch handelt, ob die einfache Melodie etwa aus einem
Außenlautsprecher kommt, oder ob ich vielleicht doch noch träume.
Hundertprozentig ausschließen kann ich es nicht. Am ehesten ist die
Charakteristik und die Tonhöhe des Sounds noch mit einem vibratofreien
Chello zu vergleichen.
Dann ist der morgendliche Musikus auch schon verschwunden, und die
zahlreichen Achsen der nicht enden wollenden Waggons übertönen alles.
Ich muß zugeben, ich war richtig baff. Das hatte ich nicht erwartet!
Ich stürzte mich auf den nächsten Internet-Computer, da auf dem
Bahnhof kein kompetentes Personal in Reichweite war, und ich mich
außerdem mit einer womöglich ganz dummen Anfrage um diese Uhrzeit
nicht blamieren wollte. Wie eine kurze Recherche ergab, ist
tatsächlich die Frequenz der Drehstrommotor-Ansteuerung für diese Töne
verantwortlich, - die Ingenieure haben die Beschleunigungsstufen
offenbar bewußt so eingestellt.
Ich bin nicht sicher, ob es schon Exemplare für die Modellbahn gibt,
die dieses äußerst verblüffende Ständchen spielen, und ob die
nicht-österreichischen Baureihen ebenfalls so eingestellt sind, aber
ich fürchte, man gerät vor unbedarftem Publikum in Erklärungsnotstand.
Das glaubt einfach keiner! Es klingt so, als ob der Sound-Chip eine
Reihe von Testtönen von sich gibt.
Auch in der zurückliegenden Diskussion in at.verkehr.bahn
"Taurus-Tonleiter" bleibt offen, ob es sich vielleicht um eine urban
Legend handelt oder um eine Tatsache. Nun, ich stelle mich hiermit als
gerichtlich beeideter Ohrenzeuge zur Verfügung: Es stimmt! Diese Lok
spielt eine einwandfreie Dur-Tonleiter als Betriebsgeräusch beim
Beschleunigen, wenn mich nicht alle Sinne täuschen sollten!
So eine Art Kleine Morgenmusik zum Einsingen. Dem Sound-Chip für die
Modellbahn gehört also unbedingt ein Video mit einwandfreiem
Stereo-Track als Beweis beigelegt.
Halbwegs erträglich wäre das "Licht ins Dunkel"-Exemplar - aber bitte
unbedingt ohne diese grausige und wenig dezente Schrift-Beschmierung!
Sonst geht noch die ungarische am ehesten. Schönheit ist sie ja keine,
aber die Sound-Performance ist bestimmt ziemlich einzigartig.
Wenn Ihr mal Gelegenheit habt, laßt Euch das jedenfalls nicht
entgehen! Ich bin immer noch nicht fertig mit Staunen.
Followup-To: de.rec.modelle.bahn gesetzt.